Am 28. Oktober 2023 trafen sich acht hochmotivierte Segler und Seglerinngen des ASK in der Marina Alimos in Athen, lernten sich untereinander kennen und nahmen die Lina, eine Bavaria Cruiser 46 von 2015, in Besitz. Einige von uns leben in Karlsruhe, andere im etwas weiteren Umkreis in Süddeutschland. Die Segelerfahrung bei uns war unterschiedlich – von den seit klein-auf erfahrenen Seglern mit Regattaerfahrung bis hin zu langjährigen Seglern mit oder ohne SKS. Alex hatte als einziger von uns sogar schon mal beim Blue Cup teilgenommen. Aber wir alle haben schon viele Seemeilen gesammelt, sodass kein Segel-Neuling an Bord war. Es war ein Feiertag in Griechenland, sämtliche Läden hatten geschlossen, sodass wir vorab unseren Einkauf online geordert und zum Boot bestellt hatten. Die Lieferung klappte problemlos, das Verstauen der Vorräte ebenfalls, so konnten wir den Abend entspannt mit Pizza und Bier ausklingen lassen.


Am frühen Morgen des 29. Oktober nahm Philip als Skipper die Sicherheitseinweisung vor und wir alle machten uns mit dem Boot vertraut, sodass wir ablegen und zum Ziel des ersten Tages aufbrechen konnten: Epidavros an der Ostküste der Peleponnes, gut 34 Seemeilen entfernt. Dieser Tag zählte noch nicht zur Regatta. Die Windverhältnisse waren nicht so optimal und speziell im Verkehrstrennungsgebiet vor Athen war viel los, sodass wir zunächst den Motor der Lina ausgiebig testeten. Wir alle waren aber sehr gespannt darauf, wenigsten ein Mal die Segel zu setzen. Speziell die erfahrenen Segler unter uns schauten sehr skeptisch auf den Mast mit dem Rollsegel – wie ließe sich dies vernünftig trimmen? Gegen Nachmittag gab der Wind uns endlich die Gelegenheit es zu testen und die Ernüchterung setze sein. Das Rollgroß war zwar recht einfach zu bedienen, aber segeltechnisch überzeugte es uns nicht. Am späten Nachmittag erreichten wir Epidavros und legten am Ende eines Päckchens mit den anderen Blue Cup-Booten an. Über näherungsweise neun Boote kletterten wir an Land zum offiziellen Blue Cup Willkommensdinner, einer bunten Veranstaltung mit traditionellen griechischen Tänzen, dem unausweichlichen „Sirtaki“ und ganz viel ABBA. Tobias entpuppte sich starker Tänzer und vertrat die Lina-Crew hier würdig. Zurück an Bord hatten wir die Freude um Mitternacht auf unsere beiden Geburtstagskinder Doro und Alex anzustoßen – Happy Birthday!


Am Montag, 30. Oktober, war dann der erste Regatta-Tag! An der Startlinie angekommen dümpelten wir aber zunächst mit allen 35 Teilnehmern, aufgeteilt auf drei Klassen A, B und C bei absoluter Windstille, spiegelglatter See und strahlendem Sonnenschein vor uns hin. Startverschiebung. Die Prognosen sahen nicht gut aus. Wir nutzten die Gelegenheit, ließen die Badeplattform hinunter und genossen das immer noch warme Mittelmeer. Von der Regattaleitung kamen keine Informationen, sodass wir Rettungsmanöver übten. Ziel: eine Person aus dem Wasser an Bord zu holen, ohne die Badeplattform zu nutzen. Verschiedene Methoden wurden diskutiert, ausprobiert, verworfen und das Fazit am Ende war: Bei ruhiger See dann doch machbar, aber keiner möchte es bei Wind und Welle ausprobieren wollen. Dann kam tatsächlich ein Update von der Regatta-Leitung, dass der Start an einer anderen Stelle etwas später stattfinden sollte. Am neuen Startgebiet angekommen war tatsächlich auch etwas Wind aufgekommen. Joshi hatte das erste Startmanöver übernommen, teilte die Rollen ein, wir brachten uns in Position und dann ertönte endlich das ersehnte Startsignal. Zunächst für „Class A“ und dann auch für unsere „Class B“: Wir (Boot 29) waren im Rennen! Das Ziel lag ca. 10 Seemeilen entfernt in der Nähe des „Poros Leuchtturms“. Nun kämpften wir mit dem nachlassenden Wind und dem störrischen Rollgroß und ein bisschen auch mit der Langeweile. Aber während einige Crews anderer Boote aufgeben, hielten wir durch. Mit 1 bis 2 Knoten segelten wir in die Nacht hinein, überquerten gegen 20:15 Uhr die Ziellinie und genossen unseren Erfolg. Übernachtungsziel war der Hafen von Poros.


Unser Sportler Daniel begann auch den 31. Oktober mit einer Joggingrunde und versorgte uns mit frischen Backwaren. Die Windprognose war zwar nicht gut, aber zumindest keine komplette Flaute, der erste geplante Start konnte stattfinden. Wir wiederholten mit Joshi am Steuer unser gutes Startmanöver vom Tag vorher und gingen mit einer guten Position ins Rennen. Das Tagesziel war bei Ermioni, auf dem Weg sollte ein Gate bei Hydra durchquert werden, insgesamt 28 Seemeilen. Der Hauptteil des Feldes wählte einen aus unserer Sicht etwas eigenwilligen Kurs – im Verlauf des Tages erkannten wir jedoch, dass die langjährigen Blue Cup Teilnehmer die sehr lokalen Winde anscheinend sehr gut kannten (oder einfach Glück hatten). Wir landeten gegen Nachmittag in einer Flaute. Nichts ging mehr. Mit konventionellen und unkonventionellen Methoden versuchten wir alles um die gelegentlich auftretenden, kaum zu erahnenden, leichten Böen einzufangen. Ein bisschen tröstete es uns, dass auch andere Crews zu kämpfen hatten. Nach und nach trudelten die Funksprüche aufgebender Crews ein. Wir wollten uns durchbeißen und näherten uns langsam aber stetig dem Gate. Als wir gegen 18:00 Uhr noch ca. 1 Seemeile vom Gate entfernt waren, erhielten wir jedoch die Information von der Rennleitung, dass das Gate geschlossen und das Tagesrennen für alle Boote, die es nicht erreicht hatten, beendet war. Frustriert ließen wir den Motor an und motorten die restlichen 12 Seemeilen nach Ermioni. Dort erwartete uns wieder ein offizielles Blue Cup Abendessen mit fleisch- und fischlastigen Gerichten, griechischem Wein und ABBA. 


Der Mittwoch, 1. November, startete ähnlich wie der Montag: Alle Boote waren segelbereit im Startgebiet versammelt, nur der Wind fehlte. Die Flagge „Startverschiebung“ der Rennleitung kannten wir nun schon. Gegen Mittag wurde ein neuer Startort bei Hydra mit deutlich verkürzter Etappe (Hydra – Soupia – Hydra) bekannt gegeben. Beim Start waren wir wieder in sehr guter Position, wurden aber von einem anderen Boot leicht behindert. Hier wurde wirklich hart gekämpft! Voller Motivation gingen wir trotzdem im vorderen Feld auf die Strecke. Aber nach und nach überholten uns alle Boote, sogar einige wenige der „Class C“, die nach uns gestartet waren. Nun setzte wirklich langsam die Ernüchterung ein: So hatten wir uns die Regatta nicht vorgestellt. Unsere Segelstellung entsprach der der anderen Boote. Julia hatte sogar ein Buch dabei: „Segeltrimm – einfach schneller sein“ und wir hatten alle Tipps ausprobiert. Aber kaum Wind, die einzige Bavaria Cruiser und dann das einzige Boot mit Rollgroß in unserer Klasse – es war frustrierend. Als der Wind dann komplett den Dienst einstellte, realisierten wir, dass wir keine Chance hatten diese Tagesetappe innerhalb der zur Verfügung stehenden Zeit zu beenden. Aber wenn schon aufgeben, dann mit Würde:

 

“Race committee, race committee race committee,
this is boat 29, 29, 29.
We are out of sun
swimming is no more fun
next year we won’t take Bavaria Cruiser
so we won’t be the looser!
We’re going to Hydra port with grace
boat 29 abandons the race.”


Mit der Dämmerung erreichten wird den Hafen von Hydra. Alex und Julia, die den Hafen von Hydra bereits kannten, versuchten die restliche Crew auf diesen bei Seglern legendären Hafen im Revier der Peleponnes vorzubereiten. Aber ein Anlegen zwischen den Bugs von zwei anderen Booten mit Heckanker in der Dunkelheit mit sich verheddernden Ankerleinen ist schwer vorhersehbar. Wir bekamen es hin, aber das ein oder andere Crewmitglied hat eventuell das ein oder andere graue Haar bekommen. Ein Teil der Crew unternahm sowohl noch am Abend als auch am nächsten Morgen einen Spaziergang durch Hydra. Die Aussicht auf den Hafen mit all den Booten war wirklich einmalig. In Erinnerung blieben uns auch die Esel, die wirklich alles von Lebensmitteln bis hin zu fertigen Fenstern durch die engen und steilen Gassen schleppten. Auch der kleine Junge, für den wir vermutlich orientierungslos wirkten („Are you lost?“) wird uns mit seiner Warnung uns nicht nur auf GoogleMaps zu verlassen („Sometimes google lies“) im Gedächtnis bleiben.


Trotz der frustrierenden Erfahrung des Vortages legten wir am Donnerstag, 2. November wieder hochmotiviert ab. Jedoch wurde auch diesmal die Startverschiebungsflagge gehisst und ein Alternativ-Programm für den Vormittag ausgerufen: Dinghi-Race bei Dokos! Nach diesem Programmpunkt waren dann aber endlich verhältnismäßig gute Segelbedingungen, sodass wir uns gegen 12:35 Uhr am Start in Position brachten. Aber wieder wurde hier mit harten Bandagen um den besten Platz gekämpft, diesmal wurden wir sogar dermaßen behindert, dass Philip trotz Vorfahrt in den Wind steuern musste. Unglaublich! Übereinstimmend mit den Regatta-Regeln setzen wir die rote Protestfahne und informierten unseren Kontrahenten. Der leichte Wind sorgte für einen kurzweiligen Nachmittag, viele Boote lagen gleichauf und versuchten das beste aus den Bedingungen herauszuholen. Doch auch an diesem Tag hielt die Prognose leider: Der Wind flachte mehr und mehr ab. Mehr und mehr Crews gaben auf und fuhren unter Motor zum Etappenziel Porto Heli. Wir jedoch bissen uns durch, speziell Doro und Julia erlaubten kein Aufgeben und versuchten es mit Durchhalteparolen. Benedikt zauberte am Steuer und holte alles aus der Lina raus, was möglich und auch unmöglich war. Zusammen mit einem Luxemburger und einem Tiroler Boot („Wir sind Tiroler – aufgeben kennen wir nicht!“) segelten wir in die Dunkelheit hinein, immer Kurs auf die Ziellinie bei Aemilianos und immer die Uhr im Blick, dass nicht wieder die Zeit uns ein Schnippchen schlagen sollte. Und dann hatten wir es tatsächlich am letzten Renntag noch einmal geschafft und überquerten die Ziellinie. Da so viele andere aufgegeben hatten, waren wir Tages-Dritter! Wir lagen uns in den Armen, feierten uns, unsere Leistung und auch ein bisschen die Lina und ließen die Korken knallen! Wir bekamen nicht genug vom Segeln und segelten weiter bis nach Porto Heli, wo die anderen Crews bereits beim Abschiedsdinner versammelt waren und für die offizielle Preisverleihung auf uns warteten. Hier wurden nicht nur seglerische Leistungen prämiert, sondern auch die besten Kostüme – also eine weitere sehr bunte Veranstaltung, natürlich wieder untermalt von ABBA. Wir feierten unseren siebten Platz in der „Class B“ und den 20. Platz im Gesamtklassement. Wir waren zufrieden, schnell stand aber fest: Nächstes Jahr nehmen wir wieder teil und suchen uns das Boot dann ganz genau aus! 


Da am Freitag der sehr lange Schlag bis nach Athen mit 62,5 Seemeilen anstand, starten wir an diesem 3. November schon um 4:30 Uhr. Unter Motor legten wir zunächst einen Großteil der Strecke zurück, aber dann setze vor Athen tatsächlich noch einmal richtig Wind ein. So viel wie in der gesamten Woche nicht! Begeistert nutzen wir die Gelegenheit für ein bisschen Segelaction und fuhren ein paar Manöverkreise. Leider mussten wir dann in die Marina zur Bootsübergabe. Den letzten Abend verbrachten wir als Crew bei einem leckeren griechischen Essen und schwelgten noch mal in Erinnerung an die letzten Tage.


Am Samstag, 4. November, war dann der Tag der Rückreise nach Deutschland gekommen. Benedikt und Alex brachen bereits im Morgengrauen zum Flughafen auf, Tobias wollte als einziger noch einige Tage in Athen bleiben und hatte zunächst bis zum späten Nachmittag noch Begleitung von Daniel. Philip, Joshi, Doro und Julia nahmen wieder die längere Reise mit Stadtmobil und Fähre auf sich und so ging die Crew mit sich und ihrer Leistung zufrieden, reich an gewonnener Erfahrung und vor allem vielen schönen Erinnerungen auseinander.

Datum: 28.10.23 - 04.11.23
Revier: Argosaronischer Golf, Griechenland
Boot: Bavaria Cruiser 46
Crewstärke: 8
Projektleiter: Philip Höbler
Bericht: Julia Rosin